IN MEMORIAM GERALD PICHOWETZ

Am 17. Juni ist Gerald Pichowetz, Komiker, Schauspieler, Entertainer und Theaterdirektor für immer von uns gegangen. Es hat etwas gedauert, aber nun möchte ich doch noch ein paar Zeilen über ihn verlieren, denn er war mir eine Zeitlang Mentor, Unterstützer und Freund und ich verdanke ihm einiges und werde ihn sicher nie vergessen.

Über seine Erfolge und Leistungen ist schon genug gesprochen worden. Ich denke jeder hat ihn in Erinnerung als Franzi Meyerhofer alias „Fünfer“ beim „Kaisermühlen Blues“. Dazu kommen zahlreiche Auftritte als Kabarettist, Schauspieler, Sänger und Entertainer. Ich möchte mich hier aber meinen persönlichen Erfahrungen widmen, denn ich kenne ihn jetzt auch seit 14 Jahren und auch wenn ich jetzt länger keinen engeren Kontakt hatte, so reißt sein Tod eine Lücke in mein Leben und ich werde ihn vermissen, denn er war einer von denen, die immer da waren, die für mich zu den Institutionen in dem Land gehörten.

2010 war es, ich war gerade frisch mit der Schauspielschule fertig, als ich aus dem Gloria Theater einen Anruf erhielt, Gerald Pichowetz hätte mich bei meiner Diplomprüfung gesehen und würde mich gerne engagieren. Nun muss man sagen, wenn man gerade frisch mit der Schauspielschule fertig ist, steht man vor einer riesigen unbekannten Welt, die man kaum begreift und weiß nicht wo man sich hinwenden soll und wo man am besten beginnt. Und ich bin ein Mensch, der oft erst mal einen Anstoß braucht um in die Gänge zu kommen. Es ist also durchaus möglich, dass mir Gerald Pichowetz damals die Grundlagen bereitet hat, dass ich in diesem wunderschönen, aber auch schlauchenden und teils mühsamen Beruf starten konnte und dabei geblieben bin. So kam ich also ans Gloria Theater, jenes Haus am nördlichen Stadtrand von Wien, das Gerald Pichowetz höchstpersönlich aufgebaut und betrieben hat. Geherrscht hat er dort wie ein absoluter Monarch und ich spreche hier von höfischem Absolutismus a la Ludwig XIV. Das passt ja auch, denn obwohl er ein treuer Anhänger der Sozialdemokraten war und denen auch die Treue hielt, als das manchem schon sehr schwer fiel, hatte er immer eine gewisse Liebe zur Monarchie. Er begegnete aber auch politisch anders denkenden immer mit einem Maximum an Respekt und es faszinierte ihn auch, dass ich mich den Kommunisten nahe fühlte. Das führte oft zu interessanten Diskussionen, die ich immer sehr genossen habe, da Gerald Pichowetz ein sehr belesener und kluger Mensch war mit dem man über Gott und die Welt plaudern konnte. Ich finde es schade, dass er in seinen Rollen oft auf den dicken Deppen reduziert war (den er brilliant verkörperte), obwohl ich ihn viel vielseitiger erlebt habe. Er konnte ebenso zum Schreien komisch sein, wie zutiefst berühren. Auch wenn das in Österreich vielleicht einem Sakrileg gleich kommt, muss ich zum Beispiel sagen, dass für mich nicht Karl Merkatz der beste Bockerer ist, denn ich habe Gerald Pichowetz im Gloria Theater in dieser Rolle gesehen und das war unübertroffen, gleichzeitig so lustig und doch an die Nieren gehend tragisch. 2014 hatte ich dann die Ehre im „Hauptmann von Köpenick“ an seiner Seite zu stehen, wo er ebenso diese geniale Mischung aus Komik und Tragik an den Tag legte. Als er dem sterbenden Mädchen das  Märchen vorlas, stand ich immer schon auf der Bühne, weil dann mein Auftritt folgte. Ich habe das Gloria Theater nie so still erlebt, wie bei dieser Szene und zwar jedes einzelne Mal.

Was mich immer wieder fasziniert hat, dass es oft so war, dass die Kollegen meinten: „Das Publikum ist heute aber langweilig.“ Tatsächlich war dann die Stimmung meist sehr mau. Gerald hat dann gesagt: „Des schau i ma an.“ Und er ging raus, sagte zwei Sätze und der Saal hat gekocht. Und da hab ich mir geschworen, genau so muss man jede Vorstellung spielen und zumindest sein bestes geben, dass es dazu kommt. Ich musste dann feststellen, das geht nicht immer, aber ich versuche zumindest diese Energie zu nehmen und damit das Publikum und wenn es sein muss die Kollegen mit zu reißen. Das hab ich von ihm gelernt, aber noch so viel mehr. Bei den ersten Produktionen (Die Sketchrevue „Auf und davon“, die Boulevardkomödie „Hotel Chaos“, die schwarze Komödie „Arsen und Spitzenhäubchen“) hat er mich sehr geschliffen, verlangte von mir (wie ich damals dachte) unmögliches. Ich bin oft von den Proben heim mit dem Gefühl, ich sollte besser aufhören. Und dann bin ich am nächsten Tag wieder hingegangen und habe weiter gearbeitet und am Ende viel gelernt. Ich glaube tatsächlich, das Meiste was ich als Komiker gelernt habe, kommt von Gerald Pichowetz und er hatte immer wieder lustige Rollen für mich über, die ich mit Leben füllen konnte. Er hat mir mal prophezeit: „Wenn du dich auf die Komik konzentrierst kannst es bis ganz nach oben schaffen.“ Gut ganz oben bin ich bei weiten nicht, aber ich habe mich weit entwickelt und konnte meine Fähigkeiten ausbauen und das verdanke ich zu einem guten Teil ihm.

Er hat das Leben geliebt und gelebt. Gelebt leider oft manchmal auf Kosten der eigenen Gesundheit, denn gegessen hat er oft in einem Ausmaß, dass ihm nicht gut getan hat. Trotz diverser Erkrankungen hat er auch bis zum Schluß auf seinen obligatorischen Zigarren bestanden. Aber es sei ihm vergönnt, jetzt wo er nicht mehr ist, hoffe ich er hat einfach jeden Bissen und jeden Zug genossen. Ich werde nie vergessen, als er einmal als Vorspeise ein Eierschwammerlgulasch bestellt hat und dann zur Hauptspeise einen Grillteller vedrückt hat. Ich wollte das einmal ausprobieren, aber ich hab das nie geschafft.

Aber er hat dabei immer an alle gedacht, die Proben mit Tonen an Pferdeleberkäse, Fleischlaberl und Krapfen oder Eis werden wohl jedem in Erinnerung bleiben, der dabei war.

Er war auch ein sehr leutseliger Mensch und man kann sagen er war der heimliche Herrscher von Floridsdorf. Als wir einmal am Jedleseer Kirtag waren und gemeinsam über die Felder spaziert sind, kamen von überall die Leute und grüßten ihn, wie Don Corleone persönlich. Aber er war kein Mafiaboss sondern ein genialer Unterhalter und ein liebenswerter Mensch, der sich auf diese Art die Liebe und Achtung der Menschen holte.

Gerald Pichowetz hat mir viel beigebracht über das Theater- und Komödiespielen, aber auch viel über das Leben. Ich werde ihn sehr vermissen. Schlaf gut lieber Gerald!