Text von 2005
Großer Aufruhr spielte sich an dem Morgen um 8 Uhr ab, als die Leiche des Hundes am Doblhoffteich gefunden wurde. Burli hatte er geheißen, dieser Hund, und der Frau F. hatte er gehört. Diese stand zitternd neben der Leiche ihres Lieblings, den man kaltblütig erschossen und dann in den Teich geworfen hatte. Einige andere alte Damen standen herum und versuchten der verzweifelten Dame Trost zuzusprechen. Worte fielen wie: „Jessas, dass sowas gibt !“ – „Das arme Hunderl !“ – „Na, die heutige Jugend !“ – „Verzeihung, woher wissen Sie, dass es ein Jugendlicher war, der….“ – „Widersprechen’s mir nicht, das war die heutige Jugend. Nix ist ihnen mehr heilig.“ – „Ja genau, die Neger laufen bei uns herum, dafür bringen’s die Hund um.“ – „Na, des hätt’s net geben unterm….“ und dergleichen, Baden ist eben eine feinfühlige und solidarische Stadt. In wenigen Augenblicken war auch der Bürgermeister hier, ließ sich beim Trösten der Frau F. fotografieren, dann ließ er sich mit den anderen alten Frauen fotografieren, dann ließ er sich mit der Leiche Burlis fotografieren und schließlich zog er sich aus, stieg in den Doblhofteich und ließ sich dort beim Nacktbaden fotografieren.
Gegen 11 Uhr trafen sie dann ein, die beiden Mordbeauftragten der Badener Kripo, Hansi und Beck, gingen jedoch gleich wieder, als sie nur die Leiche des Hundes entdeckten. Man hatte ihnen von einem „furchtbaren Mord im Doblhoffpark“ berichtet und sie hatten geglaubt, ein Mensch sei ermordet worden. Als sie sich stadteinwärts wieder entfernen wollten, rannte ihnen Frau F. nach und schrie: „Warten’s ein bisserl, die haben mein Burli erschossen.“ – „Wir sind von der Mordkommission, nicht von der Kadaververwertung.“ – „Das ist Mord, mein armer Burli!“ schrie Frau F. „Tun Sie doch was!“ Das Gezeter ging den ganzen Weg vom Doblhoffpark zum Hauptkommissariat in der Hildegardgasse, bis Kommissar Beck Mitleid bekam (oder entnervt war) und fragte: „Na gut, haben Sie einen Verdacht?“ – „Ja, die Frau S. Weil es ist in der ganzen Stadt bekannt, dass sie Hunde bis aufs Blut hasst.“ – „Hat die nicht für Sie gearbeitet?“ – „Ja, eh sehr gut. Nur hab ich ihr dann nicht den vollen Lohn auszahlen können und dann ist sie gegangen.“ – „Ja, und warum konnten Sie das nicht?“ – „Na weil da ist so ein netter Herr, dem möchte ich alles geben.“ – „Aber die Frau S. hat doch wesentlich mehr gemacht für Sie wie der.“ – „Na und, aber mein Geld kriegt, wer ich will. Und außerdem sollen Sie in einem Mordfall ermitteln und nicht blöd daherreden.“ – „Ja, ja. Mach ma“ sagte Beck. Dann ging Frau F. und kurz darauf gingen auch die zwei Kommissare, ohne sich weiter um den Fall zu kümmern.
Am nächsten Tag bereuten sie allerdings diese Entscheidung, denn als sie am Morgen durch den Doblhofpark schlenderten, sahen sie bereits von weitem, wie sich der Bürgermeister wieder einmal in verschiedenen Posen fotographieren ließ. Das ließ sie bereits Böses ahnen. Als sie hinkamen lag dort die Leiche der Frau F., ermordet auf dieselbe Weise, wie einen Tag vorher ihr Burli. Hansi und Beck beschlossen sofort zu handeln und gingen einen Kaffee trinken. „Glaubst du, dass die S. das war?“ fragte Beck – „Na ja, die Indizien sprechen gegen sie.“ meinte Hansi. – „Schon, es ist auch so, dass sie eine Rote ist, wahrscheinlich die einzige in Baden, die die SPÖ wählt, das ist auch verdächtig. Aber trotzdem trau ich ihr keinen Mord zu.“ – „Na ja. Ich eigentlich auch nicht, aber wir müssen unseres Amtes walten.“ So gingen sie Mittag essen und machten dann ein Nachmittagsschläfchen und gingen dann zu Frau S., um sie zu befragen. „Wissen Sie, dass gestern der Hund von Frau F. und heute sie selbst ermordet wurde?“ fragte Hansi. Frau S. meinte: „Hat sich endlich wer gfunden, des blede Hundsviech und die andepperte Oide hamzudrahn?“ – „Sie machen sich gerade verdächtig, ist Ihnen das klar?“ meinte Hansi und Beck hakte nach: „Haben Sie Frau F. und ihren Burli ermordet?“ – „San’s jetzt total deppert wurn?“ – „Wo waren Sie gestern und heute so gegen 5 Uhr?“ – „Da bin i grad aufgstanden und hab mir einen Kaffee gemacht.“ – „Kann das wer bezeugen?“ – „Nein, ich war allein.“ – „Blöde Geschichte.“ Damit gingen sie wieder.
Dennoch blieb Frau S. Hauptverdächtige, zumal sie plötzlich verschiedene Leute am Tatort gesehen haben wollten, die zwar nachweislich zu der Zeit daheim gewesen waren, aber immerhin, Frau S. war Sozialdemokratin und Hundehasserin und beides war in Baden bei Wien ein Verbrechen und daher glaubten alle zu wissen, dass sie es gewesen sein musste.
Am nächsten Tag kam dann der junge Mann, von dem Frau F. gesprochen hatte. Er wollte seine „liebe alte Freundin Frau F.“ besuchen und zeigte sich sehr schockiert über den Tod derselben. Dennoch kam es Beck sehr verdächtig vor, wie er sich verhielt und er beschloss, ihm ein paar Fragen zu stellen. Sie trafen sich in der Wohnung von Frau F., die ja jetzt dem Herrn gehörte.
„Sagen Sie“ fragte Beck. „Wissen Sie, wen Frau F. in ihrem Testament bedacht hat?“ – „Nein“ – „Wirklich nicht?“ – „Nein!“ – „Na ja, das sind nämlich Sie, der alles erbt und ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie das nicht wussten.“ – „Wenn Sie mich verdächtigen, dann fragen Sie in Wien, wo ich wohne, nach, dort war ich nämlich bis heute und heute bin ich erst losgefahren.“
Damit war die Sache beendet. Das Alibi stimmte, das wurde mehrfach bestätigt. Also war doch die Frau S. hauptverdächtig. Beck meinte: „Ich glaub das halt noch immer nicht recht.“ Und er griff zu einer Zeitung, da sah er die Fotos des Bürgermeisters. „Weißt, was mir auffällt, Hansi?“ – „Was?“ – „Na der Bürgermeister, der war doch früher auf jedem Foto, dann hat man ihn lang nicht mehr gesehen und jetzt nach dem Mord…“ Hansi sprang auf: „Das ist es!!!!“ – „Was?“ – „Das ist es!!!!! Komm mit!!!“ Und sie rannten los, direkt zum Rathaus. Der Bürgermeister hieß sie freundlich willkommen. „Und, meine Herrn, wie laufen die Fahndungen ?“ – „Gut, Herr Bürgermeister“, meinte Hansi. – „Haben Sie den Täter?“ – „Wir wissen, wer es war.“ – „Die alte S.“ – „Nein, die nicht.“ – „Also doch der junge Herr aus Wien.“ – „Nein, der hat ein Alibi.“ – „Wer dann?“ – „Sie, Herr Bürgermeister!“ Beck erschrak: „Bist du verrückt?“ Der Bürgermeister meinte: „Das wollte ich auch gerade fragen. Sie sind ja wohl übergeschnappt. Warum sollte ich einen Mord begehen?“ – „Aus Mediengeilheit. Sie sind nicht mehr oft genug fotografiert worden und Sie wussten, dass Sie bei einem Mord wieder in der Zeitung stehen würden. Also haben Sie den Hund von Frau F. und dann Frau F. selbst ermordet.“ „Absurd!“ murmelte der Bürgermeister, aber er klang nicht mehr so ganz überzeugt. – „Wo waren Sie an den beiden Tagen so um 5 Uhr herum?“ Der Bürgermeister stockte kurz, dann riss er eine Hintertüre auf und rannte los. Beck und Hansi rannten hinterher. Auf der Straße rannte der Bürgermeister Richtung Kurpark. Dort spielte gerade die Badener Kurkappelle, durch die Leute dort mussten sich der Bürgermeister und seine Verfolger durchkämpfen. Dann rannte der Bürgermeister am Lanner-und-Strauß-Denkmal vorbei, Richtung Beethoventempel. Dort rannte er eine Treppe hinauf, die beiden Kommissare verteilten sich und schnitten ihm so den Weg ab. Der Bürgermeister war nun im Beethoventempel gefangen. „Sie sind vorläufig festgenommen, wegen des dringenden Tatverdachts Frau F. ermordet zu haben!“ sagte Hansi. Der Bürgermeister wollte daraufhin über die Brüstung entkommen, wurde aber von den beiden geschnappt und verhaftet. Immerhin für eine Woche zierte sein Foto die Ausgaben der Badener Zeitungen, insofern hatte sich sein Wunsch erfüllt.