KLUB MARXISTISCHER KATZENFREUNDE – TEIL 3

Der 100. Geburtstag der Oktoberrevolution war natürlich ein Grund und zwar ein gewichtiger, dass der Klub Marxistischer Katzenfreunde wieder zusammentrat. Zum einen musste diese Feierlichkeit ja gebührend begangen werden, zum anderen sollte auch darüber debattiert werden, wie man die historische Rolle, die Lenins Katze bei dem Großereignis gespielt hatte, historisch genau einordnen sollte.

Einigkeit herrschte allerdings von Anfang an keine, da ja die Anarchisten und Sozialdemokraten in der Gruppe der ganzen Oktoberrevolution eine gewisse Skepsis entgegen brachten. Die Perserkatzenfreunde (die ja eher sozialdemokratisch tickten) argumentierten einmal mehr, dass der Sozialismus durch Reformen erreicht werden hätte können und man der provisorischen Regierung einmal hätte Zeit lassen sollen zum Arbeiten. „Der Aufstand kam zu früh! Menschewiki und Sozialrevolutionäre hatten keine Zeit!“ Dem entgegneten einige der Siamkatzenanhänger in Rage: „Und wer hätte den Krieg beendet? Kornilow gestoppt? Die Landreform durchgeführt? Euer Kerenski sicher nicht. Die Revolution war notwendig. Sie hatte ihre Fehler, aber sie hatte auch ihre absolute historische Berechtigung!“ Huber, der sich ja bekanntlich dem anarchistischen Lager zurechnete meldete sich zu Wort und meinte: „Die Revolution war richtig, aber erstens einmal hätten dann wirklich die Räte regieren müssen und nicht die Partei und zweitens ist mir die Rolle der Katzen in der Oktoberrevolution noch immer nicht klar.“ – „Natürlich der Anarchist hat wieder etwas dagegen.“ Grummelte Langer. Er hatte sich mühsam damit abgefunden, dass in dem erlauchten Klub nun auch Hunde Mitglieder waren, nachdem schon Anarchisten eine Herausforderung gewesen waren. Insofern versuchte er jetzt wenigstens jeden Keim des Anarchismus sofort zu ersticken. „Erstens ist die Organisation des Proletariats durch die Partei notwendig, da sich das Proletariat sonst auf Irrwege begibt und zweitens steht die Rolle der Katze ja sowieso außer Frage. Katzen haben letztlich das Fundament für den Sowjetstaat mitaufgebaut.“ – „Und ich bin der Meinung, dass die Diktatur der Partei unweigerlich nach Kronstadt und dann zu Stalin führe musste und dass Lenins Katze der letzte Garant dafür war, dass nicht schon Lenin derjenige war, der das Land durchstalinisiert hat.“ – „Stalinisieren hätte nur Stalin können. Das ist schon eine Frage der Definition des Wortes Stalinisieren. Da steckt Stalin drinnen, daher muss er damit zu tun haben.“ So hatte nun Karin Winkler das Wort ergriffen, die eine studierte Germanistin war und sich daher selbst gerne dozieren hörte. – „Vollkommen richtig“ meinte Langer. „Abgesehen davon ist die Stalindebatte sowieso sinnlos. Wäre Trotzki besser gewesen? Das wissen wir nicht. Wir wissen aber, dass Stalin neben seinen Fehlern auch etwas gut gemacht hat. Er hat Hitler besiegt. Es war seine rote Armee, die der Barbarei des Faschismus am meisten entgegengesetzt hat und er hat die Sowjetunion zu einem modernen Industriestaat gemacht.“ – „Stalin hat Hitler besiegt, dass ich nicht lache.“ Erwiderte Huber. „Die Rote Armee hat den Krieg eher trotz nicht wegen Stalin gewonnen und wenn es nach ihm gegangen wäre, dann wäre der Hitler-Stalin-Pakt aufrecht geblieben.“ – „Eine unbewiesene und reaktionäre Behauptung, die den Antifaschismus untergräbt“ empörte sich Langer.

Lala, die Labradorhündin des Genossen Pericek gähnte: „Ich halte nach wie vor die Sozialdemokratie für den richtigen Weg.“ – „Nicht das schon wieder.“ Murrte der Kater Adrian. „Es geht um die große Oktoberrevolution. Versau mir das jetzt nicht mit deiner Willy Brandt/Bruno Kreisky-Romantik.“ – „Du musst zugeben, dass es den Menschen nie besser ging, als unter den Reformen sozialdemokratischer Regierungen.“ – „Ja aber die waren nur möglich weil es die Oktoberrevolution gegeben hat. Glaubst du wirklich, die Kapitalisten hätten auch nur ein Stück Reform zugelassen, wenn sie sich nicht vor der Revolution in die Hose geschissen hätten.“ –„Also bitte, diese Ausdrucksweise von einem Kater.“ – „Hör mal ein Lebewesen, dass sich selbst ständig an seinen Genitalien leckt braucht mich nicht über meinen Ausdruck zu belehren.“ – „Das tun Katzen auch.“ – „Ja aber nicht wenn uns alle dabei zusehen.“ – „Für einen Kommunisten hast du ganz schön bürgerliche Vorstellungen.“ – „Keiner sagt, dass man nicht bürgerlich leben kann in einer befreiten Gesellschaft. Stil und Kommunismus sind kein Widerspruch. Außerdem kämpfe ich für das Proletariat, ich muss noch lange nicht dazu gehören.“ – „Ich  bin wieder der Meinung, man kann sich für eine Klasse nur einsetzen, wenn man aus der Klasse kommt. Das ist auch der Grund warum Sozialdemokraten erfolgreicher sind, als Kommunisten.“ – „Ja das Solidarisieren der Hunde mit dem Proletariat kennt ja offensichtlich keine Grenzen. Deshalb wälzt ihr euch auch in Kot und Dreck, um eure Volksverbundenheit auszudrücken.“ – „Schwachsinn!“ bellte Lala. „Das machen wir ausschließlich weil es Spaß macht und es ist der Rest an Subversivität, die sich Hunde und Sozialdemokraten behalten haben, wir wälzen uns im Dreck um unsere Menschen zu ärgern.“ – „Ich wusste es.“ Fauchte Genosse Pericek dazwischen. „Das ist reine Provokation.“ – „Krieg ich ein Keks?“ fragte Lala. – „Sofort!“ Adrian schnaubte verächtlich, während Lala Periceks Keks verdrückte. „Erzähl einem Kater nichts von subversiv sein meine Liebe. Ich kann ganze Wohnungen zerlegen und kriege trotzdem mein Fressen. Wo Katzen sind, da ist die Diktatur des Proletariats bereits Programm.“ – „Das was du beschreibst ist Stalinismus!“ – „Schwachsinn, ich würde nie Säuberungen gegen meine Menschen abhalten. Dazu sind sie viel zu wertvolle Futterlieferanten. Aber erziehen muss man sie. Ich bin zwar für die Befreiung des Menschengeschlechts, aber schon Lenin hat erkannt, dass die Arbeiter eine starke Avantgarde brauchen. Und das sind eben die Katzen.“ – „Genau!“ pflichtete Genosse Lange begeistert bei und alle menschlichen Anwesenden klatschten. – „Pfff! Ihr Kommunisten und euer Personenkult, lächerlich ist das. Das haben Sozialdemokraten nicht nötig.“ Stolz richtete sich Lala auf, als sie das sagte. – „Bruno Kreisky?“ fragte Adrian unschuldig. – „Na gut unter dem war wirklich alles besser. Vor allem die Hundekekse.“