Ich habe heute während eines Castings gelesen, dass Elfriede Ott verstorben ist, die Frau, der ich es maßgeblich verdanke, dass ich den Weg des Schauspielers beschritten habe. Die Aufgabe war eine kurze Szene zu spielen, in der ich gut drauf sein sollte und viel Spaß haben. Und dann hab ich das gelesen und ein Stich hat mich getroffen, denn auch wenn ich in letzter Zeit nicht mehr den Kontakt hatte, wie früher einmal, so hat sie meine Lehrerin und Mentorin in meinem Herzen immer einen sehr wichtigen Platz eingenommen. Und ja es tut weh, sie zu verlieren, auch wenn ich das nur aus der Ferne sage. Aber ich habe mir dann gedacht: „Wie kann ich ihr am besten gerecht werden?“ Und ich habe mein bestes gegeben und ein wie ich finde schönes Casting hingelegt. (Ob sie mich nehmen, weiß ich noch nicht, spielt aber auch keine Rolle)
Als Darstellerin habe ich Elfriede Ott kennen gelernt in den Kammerspielen (wie sollte es anders sein) in einem Nestroystück (auch das ist eigentlich logisch) und zwar in den „Schlimmen Buben in der Schule.“ Es war bis heute einer der lustigsten Theaterabende, die ich je erleben durfte. Später habe ich sie wieder in einem Nestroy gesehen, diesmal in Maria Enzersdorf (auch das ergibt irgendwie Sinn, bedenkt man, dass dieser Ort ja sowas wie ihre zweite Heimat war). Wovon ich noch keine Ahnung hatte, dass ich ein paar Jahre später ihr Schüler sein würde und auch in Maria Enzersdorf auf der Bühne stehen sollte.
2007 war es dann soweit, ich wagte es mich bei ihrer Schauspielschule zu bewerben, wobei mich endgültig überzeugte, was ich im selben Jahr in Maria Enzersdorf sehen konnte. Elfriede Ott spielte damals den Knierim, meine absolute Lieblingsrolle in meinem Lieblingsstück von Nestroy. Und ich habe bis jetzt niemanden erlebt, der das so genial hinbekommen hat, wie sie. Mit ihren damals zarten 82 Jahren (auf den Tag genau 60 Jahre älter als ich) war sie gleichzeitig zum Schießen komisch und dennoch voll von der Traurigkeit und Verzweiflung, die diese Rolle braucht. Und gepaart war das ganze trotz alledem mit einer total positiven Weltsicht, die bei einem Knierim ungewohnt, aber absolut erfrischend ist. Also hab ich mich beworben, ein junges Krampfsackerl, das sie gesehen hat und offenbar bald ins Herz geschlossen hat. Zumindest hat sie den Kampf aufgenommen aus mir einen brauchbaren Schauspieler zu machen. Sie hat mich drei Jahre gequält, war oft sehr hart und streng mit mir, aber sie hat mich nie aufgegeben und in mir so richtig dieses Feuer erweckt, dass man für die Bühne braucht.
Ihren Unterricht hab ich immer bewundert, weil diese Frau meist völlig unvorbereitet kam, irgendwas mit uns besprochen hat und plötzlich mitten in der intensivsten Arbeit war, ohne dass man wusste, wie sie dort hin gekommen ist. Und ich glaub, sie hat das selbst nicht immer gewusst, aber ich bin überzeugt, dass ich von ihr weit mehr gelernt habe, als von mach einem, der seinen Stoff immer genau durchgeplant hat.
Ich hatte viel Spaß mit ihr, aber auch viele verzweifelte Stunden. Sie hat mir einmal gesagt: „Das ist zu wenig! Verlass dich nicht auf deine skurrile Ausstrahlung!“ Zwei Wochen später fragte sie mich dann: „Warum verlässt du dich nicht auf deine skurrile Ausstrahlung?“ Und das schlimme ist, sie hatte beide Male mit ihrer Kritik vollkommen recht. Für meine Arbeit als Komiker, war ihr Unterricht wesentlich. Sie hat bei mir auch die Freude an Nestroy so richtig erweckt, auch wenn ich mit ihrer Art Nestroy zu spielen nicht immer konnte (mit Ausnahme des Knierim, der bleibt unangefochten) und ich bin sehr dankbar und glücklich ihr Schüler gewesen zu sein.
Leider habe ich sie nach der Diplomprüfung aus den Augen verloren. Ich bin was Kontakt halten angeht, manchmal echt schleissig. Dennoch meldete sie sich eines Tages auf Facebook (das sie mit 90 noch für sich entdeckte!) bei mir um mich zu fragen, wie es mir geht und was ich denn so machen würde. Ich werde sie vermissen und möchte noch einmal sagen: Danke liebe Evi für alles!