MARIA STUART

Ein kleiner Sketch über die Theaterwelt:

R(egisseur): So meine Lieben, dann würde ich bitten, dass wir jetzt anfangen können. Und vergesst bitte nicht, darauf zu achten, dass es sich bei den beiden Figueren eben um Symbole eines weiblichen Selbstbewusstseins handelt, das heißt also um gelebte Emanzipation, klar? (Die Schauspielerinnen nicken). Gut. Ach und du Schatz, holst mir dann n Kaffe, wenn ich ihn brauch.

R(egie)A(ssistentin): Aber natürlich mon cherie.

R: Gut, und bitte!

E(lisabeth): Ach… dürfte ich um eine Gerte bitten, es gibt mir einfach zur Rollengestaltung mehr Sicherheit….. redet leise weiter.

R: Ja, also wenn es sein muss… (ruft) Bühnenarbeiter!

Re(quisiteur) tritt auf: Jo, wos is jetzt scho wieder?

R: Ne Gerte für die Elisabeth, bitte.

Re: Glei.

R (zur Assistentin): Was das Zeit kostet… Man sollte diese ganzen Requisiten verbieten, das ist doch sowieso alles nur sinnloser Kram, der vom wesentlichen ablenkt.

RA: Natürlich Cherie! Reg dich mal nicht so auf, das ist nicht gut für dich.

(Re tritt auf und gibt Elisabeth die Gerte, bleibt auf der Bühne stehen)

R: Ja und worauf warten sie jetzt?

Re: Fois no Handschön oda wos braucht.

R: Ja, sehr witzig, würden sie jetzt bitte gehen.

E: Ja, verschwinden sie, sie stören hier endeutig.

Re (halblaut für sich): Künstler! (ab)

R: So, geht’s jetzt? Dann bitte.

E (wendet sich an Maria Stuart): Wer ist die Lady?…… Schweigen.

R: Na wunderbar, gleich am Anfang ein Texthänger…. Soufleuse! Soufleuse!!!

RA: Cherie! Wir haben heute keine Soufluese!

R: Na wunderbar! Würdest du dann bitte.

RA: Aber natürlich Cherie…. sagt ein. Wer war es der eine tiefgebeugte….. Schweigen. E. blickt dramatisch, schweigt. RA sagt noch einmal lauter: Wer war es der eine tiefgebeugte……

E: Ja, ich habe es gehört. Ich versuche hier gerade etwas zu erzeugen, also stören sie mich nicht….. schweigen. RA setzt noch mal an, E. wirft ihr einen bösen Blick zu, sagt dann: Wer war es der eine Tiefgebeugte mir angekündigt? Eine Stolze find ich, vom Unglück keineswegs geschmeidigt.

R: Ne, ne, ne, ne, ne…. Ne… das gefällt mir so überhaupt nich. Zu Maria, die im Hintergrund irgend etwas (bitte noch festlegen Teresa) ordnet. Liebling, das muss langsamer gehen, ……. muss noch mehr die Monotonie des Daseins ausdrücken… Also in einem langsameren Tempo.

M(aria): Ja, aber…..

R: Ne, bitte, in Zeitlupe das muss doch gehen. So, noch mal.

E: Wer war es der eine Tiefgebeugte mir angekündigt? Eine Stolze find ich, vom Unglück keineswegs geschmeidigt.
R: Sach mal Liebling mit wem redest du hier eigentlich?

E: Na ja, mit Leicester, das ist doch die Stelle, wo Elisabeth Leicester fragt….

R: Ja, vergiss das! Wir haben keinen Leicester.

E: Ja, aber…

R: Ich hab das auf das wesentliche reduziert. Hier spielen nur Maria und Elisabeth, klar soweit. Also, dann nochmal bitte.

E: Wer ist die Lady?…. RA setzt wieder zum einsagen an, böser Blick.  Wer war es der eine Tiefgebeugte mir angekündigt? Eine Stolze find ich, vom Unglück keineswegs geschmeidigt.

M: Oh Gott, aus diesen Zügen spricht kein Herz.

R: Ne, ne, ne, ne…. da kommt ja gar nichts rüber, so. Beton doch mal das Herz mehr.

M: Oh Gott, aus diesen Zügen spricht kein Herz. (fasst sich ans Herz.)

R: Ne das andere Herz!

M: Woanders ist aber kein Herz.
R: Mensch habt ihr denn am Reinhardseminar nichts gelernt. (Deutet Brüste an) Die beiden Herzchen sollste mal betonen, Liebling.

M (leise zu E.): Schon wieder diese sexistischen Anspielungen, wie bei Klaus Maria.

E (laut und boshaft): Wenn es dir zu viel ist, hättest du eben nicht Schauspielerin werden dürfen. Reiß dich mal zusammen.

R: So. Zickereien beendet? Gut, denn nochmal. Zur RA. Ach Schatz, kannste mir mal n Kaffe holen?

RA: Aber natürlich Cherie! Sie geht raus.

E: Wer war es der eine Tiefgebeugte mir angekündigt? Eine Stolze find ich, vom Unglück keineswegs geschmeidigt.

R: Ne, Schatz, du musst da schon mit jemandem sprechen…

E: Aber vorher haben sie gesagt, Leicester ist gestrichen.

R: Ja, wer sagt denn, dass du mit Leicester sprechen musst. Sprich mit einem Hasen.

E: Wie bitte?

R: Ja, da stellste dir n Hasen vor und dem erzählst das ganze, is doch nicht so schwer.

E: Aber was hat denn ein Hase mit Maria Stuart…?

R: Na hör mal, ein Hase drückt so viel aus, Furcht, Liebe, Sex, was de willst, also reiss dich mal zusammen und spiel mal.

E blickt zu Boden: Wer war es der eine Tiefgebeugte mir angekündigt? Eine Stolze find ich, vom Unglück keineswegs geschmeidigt.

M: Oh Gott, aus diesen Zügen spricht kein Herz.

R: Ja, das is aber wenig Herz und überhaupt, das is doch wohl nich euer Ernst, ihr spielt hier en unglaubwürdigen Schrott zusammen, Mensch, mehr Leben, mehr Kampf, mehr alles.

E: Also ich hab es jetzt sehr stark gefühlt.

R: Denn lassen sie mal ihre Gefühle beim Psychiater überprüfen.

E (für sich, aber lauter als beabsichtigt): Blöder Arsch.

R: Das hab ich gehört! Noch mal! Alles!

E: Wer ist die Lady? Wer war es der eine Tiefgebeugte mir angekündigt? Eine Stolze find ich, vom Unglück keineswegs geschmeidigt.

M: Oh Gott, aus diesen Zügen spricht kein Herz.

RA (tritt versehentlich auf der mit dem Kaffee  Bühne auf, merkt es und sagt ganz leise): Cherie, le café.

R: Großartig, Schatz, großartig, Spitzenklasse.

M: Danke schön.

R: Aber doch nich du. Aber du Liebling, das war einsame Spitzenklasse, so natürlich, so echt, so nah am Leben. Sach das gleich nochmal.

RA: Aber Cherie, ich….

R: Ne, ne… mach gleich noch mal, das war wunderbar, Schatz. Ach und da kommt doch in Maria Stuart dieser Satz vor… wie ging der noch gleich. Flüstert ihn für sich. Ja, ja, ja. Empfange du ihn gnadenvoll und lass ihn wachsen in der Sonne deiner Gunst. Sach das mal.

RA: Cherie, le cafe, empfange du ihn gnadenvoll und lass ihn wachsen in der Sonne deiner Gunst….

E: Hören sie mal, das ist ja alles ganz nett, was sie hier tun, aber könnten wir dann weiterproben?

R: Wir proben doch, seht ihr das nicht, so muss nämlich Theater aussehen.

M: Ja, sagen sie ist das jetzt ihr Ernst?

E: Müssen wir hier jetzt wirklich mit Laien und Fußvolk zusammenspielen.

RA (gekränkt): Ja, aber…

R: Reg dich mal nich auf Schatz, du machst das sehr gut…. So und ihr beide könnt euch ein bischen was von der Art zu spielen abschauen.

M: Hören sie mal, die spricht ja nicht mal ein gescheites Deutsch, dieser französische Akzent…..

R: Ist ja genau das, was es so natürlich macht, jetzt abgesehen von der Art zu spielen und der direkten Art.

M: Na, wenn’s das ist sprech ich die Maria Stuart in steirisch.

R: Ja, mach mal…. wird auch nichts nützen.

E: Wer war es der eine Tiefgebeugte mir angekündigt? Eine Stolze find ich, vom Unglück keineswegs geschmeidigt.

M spricht steirisch: Oh Gott, aus diesen Zügen spricht kein Herz.

R: Na ja, wenn du meinst, das sei eine Veränderung.

E: Ja, es steht ja auch noch immer ihre Regieassistentin hier herum.

R: Und genau da bleibt sie auch stehen. Und du Schatz solltest vielleicht, wenn ihre Kollegin schon steirisch spricht, auch einen Dialekt machen.

RA: Et moi?…

R: Du bleibst hier stehen, du machst das wunderbar. Wenn doch alle so spielen würden? Zu E. So und du mach das jetzt mal bayrisch, das wirkt dann bodenständiger und ist auch für den Hasen angenehmer, das der ja ursprünglich aus Bayern kommt.

E: Das ist aber gar keine gute Idee.

R: Wie bitte?

E: Nun zur Elisabeth ist der bayrische Dialekt so was von gar nicht passend.

M: Jetzt gib doch zu, dass du kein bayrisch sprechen kannst.

R: Na wunderbar, das auch noch. Also dann in Gottes Namen, mach es in englischen Akzent, das wird ja wohl gehen. Na gut, also und wenn Maria mit ihrem Satz fertig ist, dann kommst du Schatz und sagst das mit dem Kaffe.

E: Ja, aber das hat doch mit dem Stück nichts mehr…..

R: Sag mal, für wen hälst de dich? Du bist hier Schauspielerin und hast mein Konzept nich zu hinterfragen und außerdem muss ja hier wer mitspielen, ders kann. Also nochmal! Und bitte nimm etwas mehr Rücksicht auf den Hasen, so wie du mit ihm umgehst bekommt der ja Minderwertigkeitsgefühle.

E amerikanischer Akzent: Wer ist die Lady? Wer war es der eine Tiefgebeugte mir angekündigt? Eine Stolze find ich, vom Unglück keineswegs geschmeidigt.

M steirisch: Oh Gott, aus diesen Zügen spricht kein Herz.

RA beginnt jetzt immer selbstsicherer, aber auch übertriebener zu spielen: Hier ist der Kaffee, empfange du ihn gnadenvoll und lass ihn wachsen in der Sonne deiner Gunst….

R: Wunderbar! Wunderbar! Sagt mir warum könnt ihr das nich so. Elisabeth, das war amerikanisch, nich englisch, aber egal, wahrscheinlich kannste das auch nich. Ach

und lass den Hasen wieder weg, das kann ich dem Tier nich antun, das wäre Tierquälerei,

E: Wenn es ihr Betthäschen so gut macht, dann lassen sie, sie es doch mal zeigen.

R: Schatz, wenn du so lieb wärst und es mal zeigst, wie es geht.

RA: Aber natürlich mon cherie… Sie schnappt sich die Gerte von E und spricht. Wer war es der eine Tiefgebeugte mir angekündigt? Eine Stolze find ich, vom Unglück keineswegs geschmeidigt.

R: Wunderbar! Wunderbar! Versuchen sie das mal!

E parodiert RA: Wer war es der eine Tiefgebeugte mir angekündigt? Eine Stolze find ich, vom Unglück keineswegs geschmeidigt.

R: Sach mal biste bescheuert oder was? Das kann ja wohl nich… ne… also, das regt mich auf….. das regt mich auf….

RA: Cherie, nicht deine Nerven.

R: Ne, weißte, wenn se mich verarschen ja das geht ja noch, aba dich…. da kriegen sie’s echt mit mir zu tun. Ich mein, die tut ja so, als hättest ein Akzent… haste doch nich oder… haste nich?

RA: Non, je ne crois pas.

P(izzaboote) tritt auf: Wer hat die Pizza bestellt?

M: Sie stören hier eine Probe, verschwinden sie!

R: Ne. Das war gut…. das ist das Leben… so muss es sein… so ist das Leben

P: Wie bitte? Scusi… ich verstehe nicht.

R: Sie spielen mit, sie haben so eine Naturbegabung für natürliches auftreten.

P: Aber ich bin der Pizzaboote… ich verkaufe Pizza.

R: Das macht gar nichts. Sie tun einfach das was sie immer machen, wir stellen da was zusammen, sie müssen da mitmachen…. sie stellen einfach so sehr das Leben dar.

M: Aber….. Sie können doch nicht…

E: …. ich meine sie zwingen uns hier mit lauter unprofessionellen….

M: Wir sind es nicht gewöhnt mit Laiendarstellern zu….

R: Jetzt hört mir mal zu, im Gegensatz zu euch können die zwei das sehr gut, also reisst euch mal zusammen. Nochmal Elisabeth, Maria, Du Schatz und dann sie. Und bitte?

E amerikanischer Akzent: Wer ist die Lady? Wer war es der eine Tiefgebeugte mir angekündigt? Eine Stolze find ich, vom Unglück keineswegs geschmeidigt.

M steirisch: Oh Gott, aus diesen Zügen spricht kein Herz.

RA beginnt jetzt immer selbstsicherer, aber auch übertriebener zu spielen: Hier ist der Kaffee, empfange du ihn gnadenvoll und lass ihn wachsen in der Sonne deiner Gunst….

P: Wer hat die Pizza bestellt.

R: So. Ich glaube ich werde das ganze doch wieder auf zwei Personen reduzieren.

M: Na endlich kommt er zur Vernunft…. Ja, ihr beide könnt von der Bühne gehen….

E: Wie-der-sehen!

R: Ne, ne, ihr habt das falsch verstanden… ihr beide könnt von der Bühne gehen, ich mach das jetzt mit zwei Profis.