Optimist: Grüß Sie Herr Nörgler, Sie am Weihnachtsmarkt, was bringt Sie hierher? Sind Sie vielleicht doch noch vom Weihnachtsfieber erfasst worden?
Nörgler: Amüsant, wie manche Menschen ihren Optimismus nicht aufgeben. Was sollte ausgerechnet mich dazu veranlassen, weihnachtlich gestimmt zu sein?
Optimist: Na ja, was würden Sie sonst hier auf dem Weihnachtsmarkt machen?
Nörgler: Sehen Sie, ich betreibe hier meine Studien der Menschheit, die ja, auch wenn ich es jedes Mal nicht glauben kann, auf diesen Märkten immer ihre absolute Niedrigkeit zum Besten geben.
Optimist: Bitte, wie immer übertreiben Sie, Herr Nörgler, auf diesen Weihnachtsmärkten kommt doch auch sehr die Liebe und die innere Wärme zum Tragen.
Nörgler: Ja, manche kehren richtiggehend ihr Innerstes nach außen, vor allem die, die zu viel Punsch gsoffen haben. Ansonsten ergeht man sich in Kaufrausch und nimmt sämtlichen Ramsch um viel Geld, den man unterm Jahr nicht einmal dann nehmen würde, wenn man ihn nachgeschmissen bekommt.
Optimist: Da sind doch süße Sachen dabei, Kriperln, Sterndln….
Nörgler: Und sonstiger Kitsch.
Optimist: Das Beisammenstehen an den Punschständen fördert die Kommunikation…
Nörgler: Und die Gespräche bei dieser Kommunikation fördern den Punschpegel, ein Teufelskreis, von dem hauptsächlich die Verkäufer des Punsches profitieren.
Optimist: Sicher gibt es da immer wieder seltsame Sachen, aber die Grundidee ist positiv, wie auch die Grundidee von Weihnachten durchaus positiv ist.
Nörgler: Die Grundidee… ja, die Grundidee ist aber auch bei Christentum, Islam, Kommunismus, Liberalismus, etc. durchaus positiv. Aber es ist nicht die Grundidee mit denen die Leute in der Realität konfrontiert werden.
Optimist: Warum sträuben Sie sich so gegen dieses Fest der Liebe?
Nörgler: Weil doch genau das der Punkt ist, wir brauchen ein Fest der Liebe um einmal im Jahr einen Grund oder besser eine Ausrede zu haben, Akte der Solidarität zu setzen, die eigentlich Basis für das Zusammenleben der Menschen sein sollten. Und nicht einmal da gelingt es den Menschen, sich einmal halbwegs zivilisiert einander gegenüber zu verhalten, die Welt versinkt im Kaufrausch, Wirtschaftsleute verdienen sich deppert, die Politiker schnüren Belastungspakete und sprechen vom Fest der Liebe, und die Leute so wie du und ich messen die gegenseitige Liebe an den Geschenken, die sie einander bringen. Die Menschen sind definitiv nicht reif für ein Fest der Liebe.
Optimist: Aber wollen Sie es denn immer allen zerstören? Liegt Ihnen so viel daran, dass Sie den Menschen das bisschen Rest an Hoffnung auch noch zertrümmern?
Nörgler: Sie sind doch der Optimist. Wenn dieses Fest so hoffnungsvoll ist, warum lassen Sie es sich zertrümmern.
Optimist: Das habe ich nicht vor mein Bester. Frohe Weihnachten!
Nörgler: Wenn Ihnen dann besser ist. Frohe Weihnachten! Ein größeres Geschenk, als Ihnen das zu sagen, kann ich Ihnen nicht geben.